Erfahrungsbericht: Großprojekt vs. Zeit – Softwareeinführung beim Bistum Mainz

Es dauert Jahre, eine Rechnungswesen Software in ein Bistum einzuführen? Nicht in Mainz! Das Bistum Mainz hat in nur sechs Monaten auf Diamant Software umgestellt - mit 360 Kirchengemeinden, mit hunderten Mandanten sowie tausenden Usern. Wie geht das? Welche kirchenspezifischen Anforderungen gilt es zu erfüllen? Wie ist das erste Feedback? Finanzdirektor Christof Molitor gibt im folgenden Interview Einblicke in das Projekt.

Welche zentrale Herausforderung löst das Bistum Mainz mit Diamant Software?

Neben dem Bistum gibt es zwei Themenschwerpunkte: Kitas und Kirchengemeinden. Die Kirchengemeinden sind eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Wir haben das Rechnungswesen komplett neu aufgesetzt: von dezentral zu zentral. Vorher gab es zehn dezentrale Rendantur-Standorte („Kassenstellen“).

Was waren wesentliche Anforderungen an eine neue Rechnungswesen Software?

Unser Ziel war, mit einer Rechnungswesen Software alle Anforderungen zu erfüllen: eine einheitliche Auswertung, die Grundlagen für einheitliches Controlling und Buchführung schaffen und eine Steuerexpertise verankern. Das ist jetzt über ein zentral organisiertes Rechnungswesen mit Diamant gelungen. Wichtig war uns ein hoher Automatisierungsgrad beim Rechnungsworkflow, automatisierte Zahlungsvorschläge und automatisierte Belegerkennung.

Welche Herausforderungen sind typisch für kirchliche Träger?

Unsere Gemeinden sind eher klein. In der Regel besteht noch keine Umsatzsteuerpflicht. Das ändert sich mit §2b Umsatzsteuergesetz. Zusätzlich stehen auch bei uns Gemeinde-Fusionen bevor. Dadurch wird wahrscheinlich jede Kirchengemeinde der Umsatzsteuer unterliegen. Das muss die Software abbilden können. Zu uns gehören 360 Kirchengemeinden und 200 Kitas – das ergibt eine enorme Menge an Informationen. Es gibt zahlreiche Ehrenamtliche, wie Messdiener oder Chöre, die eigene Kassen führen. Sie alle sind neu in die Buchführung einzubinden. In Hessen hat jede Kommune unterschiedliche Kitaverträge. Das abzubilden ist schwierig. Dafür braucht es Strukturen. Herausfordernd ist eine vollständige Buchführung über alle Gruppierungen, die alle Besonderheiten einbezieht. Auch das Spenden- und Kollektenaufkommen und deren Verbleib gilt es zu organisieren. Das historisch gewachsene kirchliche Pfründevermögen muss verwaltet und als Sonderposten in der Bilanz ausgewiesen werden. All dies gilt es individuell an Diamant als Standard Software anzupassen. Gelungen ist dies mit Hilfe des Diamant Consultings.

Was hat den Ausschlag für Diamant Software gegeben?

Im Vergleich ist Diamant weit entwickelt – ein hoher Reifegrad der Software. Für uns war absolute Zuverlässigkeit entscheidend. Wir haben eine stabile Standardsoftware gesucht, die individuelle Ergänzungen für kirchliche Spezifika abbildet – eine Standardsoftware im Kirchensegment. Bei 360 Kirchengemeinden mit entsprechendem Buchungsvolumen brauchen wir Verlässlichkeit – das muss effizient funktionieren. Im Diamant Rechnungswesen haben wir genau die Komponenten, die wir wirklich nutzen. Und: Ein mittelständisches Unternehmen passt gut zur Kirche. Diamant Software hat seit Jahren hohe Kompetenz im Gesundheits- und Sozialwesen und spezialisiert sich jetzt auf das kirchliche Segment.

„Buchhaltungsferne Nutzer“, unterschiedliche Rollen und Berechtigungen – Wie bekommen alle genau den finanziellen Überblick, den Sie brauchen?

Wir brauchen ein intuitives System beziehungsweise Berichtswesen. Alle Ehrenamtlichen sowie Pfarrer, die in der Regel wenig Erfahrung mit Buchführung haben – müssen sich intuitiv zurechtfinden. Das ist entscheidend für die Akzeptanz. Verwaltungsräte und Pfarrer müssen auf Kostenstellen-Ebene wissen: wo stehe ich mit meinem Budget, um Soll/Ist Vergleiche durchführen zu können.
Das Berichtwesen ist in Musternutzer geclustert, von der Sekretärin bis zum Verwaltungsrat: Wer muss was sehen? Wir haben Musterprofile für Rollen definiert und Berechtigungskonzepte angelegt. Es gibt zwölf rollenabhängige Dashboards – gesteuert über eine intuitive Oberfläche.

Wie forcieren Sie die Automatisierung?

Ein Projekt-Schwerpunkt war das digitale Rechnungseingangsmanagement, dass wir komplett neu eingeführt haben. Ein gutes halbes Jahr nach Projektstart sind 2/3 der Gemeinden eingebunden. Ziel ist, das Roll Out für die Gemeinden bis Ende 2021 abzuschließen. Im Rechnungseingangsmanagement gilt es, knapp 2.000 Einträge und 50.000 Belege zu verarbeiten. Die Freigabe erfolgt nach dem Vier-Augen-Prinzip. Die OCR Erkennung (automatisierte Texterkennung) forciert den Automatisierungsgrad. Gerade Ehrenamtlichen hilft die Kommentarfunktion in der Freigabe-Maske.

Haben Sie Diamant in allen Institutionen gleichzeitig eingeführt?

Nach den Kirchgemeinden und Kitas läuft aktuell die zweite Projektstufe. Wir führen Diamant im Bistum selbst ein. Das ist noch komplexer, weil es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt: mit Bildungshäusern, über 20 Schulen und Familienbildungsstätten. Hier haben wir unterschiedlichste Anforderungen. Besonderen Stellenwert hat für uns die Revisionssichere Ablage. Damit wollen wir den Zugriff auf Dokumente deutlich erleichtern. Final erreichen wir durch die einheitliche Software wesentlich mehr Flexibilität beim Personal.

Wie lange hat der Wechsel gedauert?

Nach nur sechs Monaten waren wir mit ca. 2/3 der Kirchengemeinden im Livebetrieb. Wir mussten schnell umstellen, mit sehr ambitioniertem Zeitrahmen. Gelungen ist das mit großem Einsatz von Diamant und allen Beteiligten hier, auch über die Arbeitszeit hinaus. Zusammen haben wir es geschafft, die Software in nur einem halben Jahr zu implementieren. Zum Jahreswechsel konnten wir live gehen und alle Gemeinden aus dem Vorsystem einbeziehen.

Die Umstellung erfolgte in einem hybriden Umfeld. Letzten Sommer/Herbst waren persönliche Treffen möglich. Die Schulung der Mitarbeitenden erfolgte fast ausschließlich per Videokonferenz, einschließlich des E-Learnings. Wöchentlich gab es drei Schulungen mit 70-80 Beteiligten.

Gibt es schon positives Feedback von Mitarbeitenden?

In Corona Zeiten ist es besonders vorteilhaft, dass keiner mehr persönlich ins Pfarrbüro kommen muss, um Rechnungen freizugeben. Jetzt gibt es einen digitalen Freigabeprozess nach dem vier Augen Prinzip. Möglich ist das mit verschiedensten Endgeräte und unabhängig vom Standort. Wir arbeiten jetzt sechs Monate mit Diamant. Unsere Leute nehmen die Software sehr gut an und finden sich intuitiv zurecht. Die Systemakzeptanz ist definitiv gegeben. Es läuft gut – auch der Support und die Betreuung durch Diamant.

Was ist Ihr persönliches Highlight?

Auf jeden Fall der schnelle Überblick zu wesentlichen Kennzahlen. Ich brauche eine globale Sicht, wo ich schnell die wesentlichen Kennzahlen finde. Deshalb schaue ich mir gerne die Chefübersicht an, einen Bericht der Kostenrechnung (BAB). Hier finde ich alle Kostenstellen auf einen Blick. Das Mandantencockpit gibt mir eine gute und schnelle Übersicht: beispielsweise bei Baumaßnahmen oder zur Gesamtsituation der Kirchengemeinden.

Was sind Ihre Zukunftspläne im Rechnungswesen?

Auf der Ebene des Bistums planen wir, die Diamant Kostenrechnung einzuführen. Bei den Kirchengemeinden steht der Wechsel von der Kammeralen Buchführung zum HGB Standard an, was Grundlagenarbeit erfordert. Wenn weiterhin alles absolut stabil bleibt, wechseln wir auf Diamant/4. Momentan sind wir zufrieden, dass das System so gut läuft.

Bistum Mainz

Das Bistum Mainz ist eines von 27 (Erz-) Bistümern in Deutschland. Dazu zählen weltbekannte Kulturschätze wie der Mainzer und Wormser Dom. Seit 1600 Jahren ist das Bistum für die Menschen da. Es umfasst allein 360 Gemeinden, 220 Kindertagesstätten und 22 Schulen.

Ulrike Kirschberger
Die Kommunikationswirtin mit einem Faible für das Event-Management schreibt rund um die Themen Rechnungswesen und Controlling. Dabei bringt Ulrike gerne Praxisbeispiele und Best Practice in ihre Artikel ein. Denn Theorie ist nicht immer gleich Praxis.

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